Wandertag I

Ab heute sind wir dreistellig! Tag 100 ist angebrochen. Zur Feier des Tages fuhren wir heute nicht Fahrrad, sondern gingen im einzigen Nationalpark Portugals, dem Peneda-Geres, wandern. Nordöstlich von Braga gelegen, war der Park in der letzten Woche besonders hart von den Waldbränden betroffen. Laut Aussage der Einheimischen sei jetzt aber alles wieder in Ordnung.

Also ließen wir unsere Sachen am Campingplatz in Braga und fuhren mit dem Bus nach Campo di Geres. Daniels Jacke wurde entsprechend der deutschen Ingenieurskunst noch zu einer Tasche umfunktioniert, um unsere Nahrungsmittel auf dem Rücken mittragen zu können.
Auf das Busfahren freuten sich Daniel und ich besonders. Sich einfach hinzusetzen und gefahren zu werden, ist mal eine schöne Abwechslung, die man nach 6500 Kilometern auf dem Fahrrad, sehr zu schätzen lernt. Während der Busfahrt wurde eine Runde Schach gespielt, nachdem ich aber eindeutig vorne lag (Daniel hat ein Pferd mehr verloren als ich), wurde Daniel beim Busfahren etwas unwohl. Eine gute Ausrede, um nicht zu verlieren. Die Partie wird aber demnächst fortgesetzt.
Angekommen in Campo di Geres wanderten wir zunächst einmal zum nahegelegenen See. Bei sonnigen, warmen Temperaturen mit erfrischendem Wind lies es sich gut wandern.
Danach ging es für uns von Campo di Geres nach Geres. 8 Kilometer, 400 Meter hoch und 600 runter, der höchste Punkt auf 1000 Metern, das sollte doch wohl ein Klacks sein. Bis um 17 Uhr mussten wir dort angekommen sein, denn ein späterer Bus fuhr nicht. Um 12 Uhr ging es los.
Also ging es erstmal hoch. Der Wanderweg war recht wenig belaufen, um nicht zu sagen, wir haben den ganzen Weg lang niemanden gesehen. Die Landschaft war sehr steinig und die Vegetation trocken, kein Wunder, dass es hier mal brennt. Zum Wandern war es aber super, oben angekommen hatte man dann auch einen super Ausblick auf den See, den wir vorhin von nahem gesehen haben.
Anschließend ging es runter. Wieder super Aussicht, wieder karge Landschaft, wieder keine Leute. Die gestapelten Steine markierten uns aber stets den richtigen Weg. Nach einem kleinen Snack kamen wir wenige Minuten später an eine "Kreuzung", an der Daniels Handy gerne den etwas zugewachseneren Weg nehmen wollte. Laut Daniel sei der Weg trotzdem schneller, als der weniger bewachsene Weg. Soviel sei vorweggenommen, eine der wenigen Male, wo unser Navigationsmann, der sonst stets perfekte Arbeit leistet, daneben lag.
Der Weg war zunächst leicht bewachsen, dann etwas mehr bewachsen und schließlich kaum noch ein Weg. Aber jetzt noch zurück laufen? Nein, der Weg ist trotzdem schneller, so unsere Meinung. Naja, aus Fehlern lernt man ja bekanntlich, wir werden das nächste Mal auf den richtigen Wanderwegen bleiben. Irgendwann wurde aus dem Weg schlichtweg ein Wald, der so bewachsen war, dass kaum ein Durchkommen möglich war. Das zweite Problem, es wurde steil. Irgendwann so steil, dass wir nur noch auf dem Hintern runterrutschen konnten und uns an jedem möglichen Baum festhalten mussten. Irgendwann wurde es dann nicht mehr steil, sonder eine einfach Klippe. Unmöglich, für uns weiterzukommen, und um zurückzulaufen und den Bus noch zu kriegen, war es wohl zu spät. Letzte Hoffnung war der Bach, der sich wenige Meter tiefer durch die Berge schlängelte und unserer Meinung nach in den Zielort führte. Runtergerutscht zum Bach machten wir dann leider Bekanntschaft mit einigen Dornen, die die Durchquerung des Baches zum Teil fast unmöglich machten. Links und rechts ging es mittlerweile steil hoch, also hieß es ab durch die Dornen und irgendwann auch ab durch das oberschenkeltiefe Wasser. Jetzt ist eh alles egal. Zudem ging der Bach zum Teil mal abrupt ein paar Meter in die Tiefe, weswegen auch mal gesprungen wurde. Leider waren wir zu dem Zeitpunkt so unter Stress, dass wir nicht mehr die Ruhe hatten, Fotos von unserem Unheil zu machen. So im Nachhinein könnten wir bestimmt gut drüber lachen.
Kurz vor dem Zielort, dann erst der Schockmoment, der Bach ging zu sehr in die Tiefe für einen Sprung, Doch im selben Augenblick entdeckten wir einen kleinen Trampelpfad, der sich neben dem Fluss zu dem nicht weit entfernten Haus schlängelte. Glück gehabt!
Zerkratzt, nass und vollgeschwitzt waren wir heilfroh, gleich im Bus sitzen zu können. Wir hatten 15 Minuten vor Abfahrt die Haltestelle erreicht. Deutsche Pünktlichkeit oder einfach nur Glück? Wahrscheinlich wohl Letzteres.
Von Geres ging es also nach unserem kleinen Abenteuer mit dem Bus zurück nach Braga. Dort kauften wir noch kurz für unser berühmtes Couscous ein, das wir uns redlich verdient hatten. Unser Zeltnachbar stellte uns sogar noch Tisch, Stühle, Licht und eine Steckdose zur Verfügung, so dass wir in ungewohntem Luxus essen konnten.
So geht ein würdiger 100. Tag vorbei, auch wenn nicht Fahrrad gefahren wurde.
Adios,
Timo
Weitere Bilder folgen morgen 
Timo ganz klein
Timo ganz klein

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Kommentare: 2
  • #1

    Andreas G. (T-K) (Mittwoch, 17 August 2016 00:03)

    Wow, toller Tag und sehr gut kommentiert - habe fast die Dornen und das Wasser beim Lesen an meinen Beinen gespürt... Da müsst ihr aber bei der Wanderskunst noch etwas lernen, aber ihr habt ja auch noch keine 6000 km Wanderung hinter euch. Die Bilder sind trotzdem sehr schön, auch wenn die aufregenden Momente fehlen - die kann man sich doch recht gut vorstellen. War allerdings überrascht, dass der Bus pünktlich gefahren ist und nicht zufällig 20 Minuten zu früh die Haltestelle passiert hatte... das wäre dann portugiesische Pünktlichkeit gewesen. Dann erholt euch mal gut von der Wanderstrapaze für eine neue Radstrecke morgen. Macht's gut!

  • #2

    Petra W. (Mittwoch, 17 August 2016 10:20)

    Uiuiui, was für ein Tag und wirklich "Glück", dass Ihr den Bus noch erwischt habt. Abenteuer pur:-) Zum Thema "Jacken-Tasche" fiel mir sofort der Spruch ein "Einem Inscheniör is nix zu schwör":-o Weiterhin viel Spaß Euch beiden und vielleich für Daniel auch mal Erfolg beim Schach:-ooo